Er war ein Marihuana rauchender Studienabbrecher in Jesus-Latschen, als er seine Firma gründete. Steve Jobs war anders. Das macht ihn interessant. Er hatte einen widersprüchlichen Charakter und Antriebskräfte, die teils genial und teils zerstörerisch wirkten. Vor zehn Jahren starb der Apple-Gründer im Alter von nur 56 Jahren an Krebs. Schon zu Lebzeiten war der Multimilliardär eine Legende.
War Steve Jobs als Mensch erfolgreich? Steve Jobs war ein Suchender. Er suchte Selbsterkenntnis in einer Kommune auf einer Apfelfarm und bei einem Yogi in Indien. Und er suchte das perfekte Produkt. Zeitlebens blieb er Anhänger der Zen-Philosophie. Intellektuell gab er sich bescheiden: „Wir alle sind bereits nackt“, sagte er vor Studenten der Stanford University „Es gibt keinen Grund, nicht seinem Herzen zu folgen“. Andererseits war er ein unbeherrschter Egozentriker, was so gar nicht zur Demut des Zen passte. Trotz täglicher Meditation fand er nie zu innerer Ruhe. Er wollte „dem Vermächtnis derer, die vor einem da waren, etwas hinzufügen.“ Diesem Antrieb ordnete er sein Privatleben, seine Gesundheit und seine Beziehungen zu anderen Menschen unter
Walter Isaacson zeichnet in seiner Biographie ein differenziertes Bild vom Apple-Gründer und seinen Bewusstseinszuständen zwischen Euphorie und Selbstzerstörung. Anbei eine Auflistung seiner wichtigsten positiven und negativen Eigenschaften. Beide haben zu seinem beruflichen Erfolg beigetragen. Vielleicht entdeckt ihr ja die ein oder andere parallele zu Euch?
Die positiven Eigenschaften von Steve Jobs:
- Vision: Steve Jobs war ein Idealist. Er fühlte sich als Künstler an der Schnittstelle zwischen bildenden Künsten und Technologie. Seine Vision war es, Design und Funktion zu völlig neuen, integrierten Produkten zu verschmelzen. Die Schlichtheit des Zen war stilprägend für alle Apple-Produkte. „Einfachheit ist die höchste Form der Raffinesse“ war Jobs Grundprinzip.
- Intuition und Neugier: Steve Jobs war kein Denker, der analytisch Lösungen herleitete. Er vertraute seiner Intuition. „Von Marktforschung halte ich nichts“, sagte er, „Die Leute wissen nicht was sie wollen. Sie erwarten, dass wir die Dinge integrieren, weil sie keine Zeit haben, darüber nachzudenken.“
„Think different!“ – mit dieser Geisteshaltung kreierte Jobs eine digitale Welt, die ästhetisch und intuitiv bedienbar ist: Apple I, Macintosh, I-Mac, I-Phone, I-Tunes, I-Pod, I-Pad und den App-Store sind seine größten Innovationen. Jobs dachte interdisziplinär. Er suchte den Kontakt zu Menschen, die in verschiedenen Bereichen Meister ihres Faches waren und ließ sich von ihnen inspirieren. Auch in der Werbung setzte er neue Maßstäbe: den Macintosh brachte er 1984 mit dem legendären Big-Brother-Werbespot auf den Markt - Charisma und Leidenschaft: Mit Charisma, Enthusiasmus und mitreißenden Selbstinszenierungen begeisterte er seine Anhänger, aber er polarisierte auch stark. Im College hatte er gelernt, ohne Blinzeln die Augen seines Gegenüber zu fixieren, um einen intensiven Eindruck zu hinterlassen. Er hatte die Fähigkeit, Menschen für sich zu gewinnen, selbst wenn er Wunder von ihnen erwartete. Die Mitarbeiter nannten es „reality distortion“ – Wirklichkeitsverzerrung -, wenn er Zeitpläne und Leistungen einforderte, die rational nicht umsetzbar waren. Häufig war er damit erfolgreich.
- Unbeirrbarkeit: Steve Jobs hatte keine Berührungsängste. Schon als Schüler schrieb er direkt an den Vorstandschef von Hewlett-Packard und bewarb sich für ein Praktikum. Er scheute sich nicht vor großen Vorhaben. Trotz starker Selbstzweifel war er zeitlebens ein Stehauf-Männchen. 1985 wurde er im Streit vom Aufsichtsrat aus seiner eigenen Firma geworfen. Er ließ sich nicht entmutigen und baute zwei weitere Firmen auf: NeXT und die Pixar Filmstudios, mit denen er für die Toy Story als ersten vollständig animierten Film den Oscar gewann. Nicht Apple, sondern der Börsengang von Pixar machte ihn zum Milliardär. Als Apple in einer hoffnungslosen Krise steckte, war er bereit, zurückzukehren und wieder von unten anzufangen.
- Klarer, emotionaler Führungsstil: Steve Jobs setzte klare Prioritäten. Jedes Jahr stellte er sich die Frage, welche Mitarbeiter er mitnehmen würde, wenn er gezwungen wäre, eine neue Firma zu gründen. Gemeinsam mit diesen „Auserwählten“ aus allen Bereichen erarbeitete er die 10 wichtigsten Projektideen. Dann strich er 7 davon durch, was er „Apfelbäume stutzen“ nannte. Die verbliebenen Projekte wurden konsequent umgesetzt. Sein Führungsstil war geprägt durch einfache Fragen, die er hartnäckig stellte: wozu braucht man das? Wem nutzt das wirklich? Dabei war er schonungslos ehrlich. Von Diplomatie oder Höflichkeitsfloskeln hielt er nichts.
- Fähigkeit zur Einsicht: In entscheidenden Momenten konnte Steve Jobs über seinen Schatten springen. Er reflektierte sein Handeln und lernte aus Fehlern. So fädelte er nach seiner Rückkehr bei Apple eine strategische Kooperation mit seinen Erzrivalen Bill Gates ein. Immer wieder suchte er Menschen, die sensibel genug waren, um seine Selbstsucht auszugleichen und willensstark genug, um ihm Kontra zu bieten. So formte er leistungsstarke, sich ergänzende Teams. Als Vorbild dienten ihm die Beatles: „Das waren vier Typen, die gegenseitig ihre negativen Tendenzen in Schach hielten. Sie balancierten sich gegenseitig aus, so dass das Gesamte viel mehr als die Summe der Einzelteile wurde. Große Dinge in der Geschäftswelt werden nicht von einer Person gemacht, sondern von einem Team.“
Die dunklen Seiten des Steve Jobs:
- Besessenheit: Steve Jobs machte seinem Namen alle Ehre. Er identifizierte sich vollständig mit seiner Rolle im Job. Dies führte dazu, dass er vieles andere ausblendete: sein Privatleben, seine Kinder, seine Gesundheit, seine Gefühle. Isaacson schreibt: „Sein Geist war so voller Ideen, das für sonst nichts Platz blieb“. Besessen von seinen Ideen akzeptierte er keine konträren Meinungen und ignorierte die Bedürfnisse ihm nahestehender Personen. Die meisten Mitmenschen bewertete er danach, ob sie ihm helfen konnten, seine Mission zu verwirklichen. Für menschliche Gefühle hatte er keine ausgeprägten Antennen und für Freundschaften bot sein Leben kaum Platz. Während er im Büro sehr entschieden handelte, brauchte er für private Entscheidungen oft ewig. Ein Ferienhaus in den kalifornischen Bergen stand jahrelang leer, weil er sich nicht für ein Mobiliar entscheiden konnte, die Heiratspläne mit seiner späteren Frau Laurene Powell schob er solange heraus, bis sie auszog.
- Selbsthass: Steve Jobs Suche nach Selbsterkenntnis hatte Grenzen. Bestimmte Antriebskräfte in seinem Inneren wollte er sich nicht bewusst machen. Er sprach nicht gerne darüber, dass er ein Adoptivkind war. Nur einmal erwähnte er, wie sehr ihn das verletzt hatte. Doch in seinem Unterbewussten tobte ein unübersehbarer Kampf, der zu depressiven Stimmungen und verzweifelter Wut führte. Die Ehefrau von John Scully, dem Apple Geschäftsführer, mit dem Jobs sich 1985 überwarf, sagte über Jobs: „Wenn ich anderen Leuten in die Augen blicke, sehe ich eine Seele, wenn ich ihm in die Augen blicke, sehe ich einen Abgrund ein schwarzes Loch!“ Sein Selbsthass war vermutlich auch eine Ursache für das gestörte Verhältnis zu seinem Körper. Manchmal brach auch Im Büro der Selbsthass durch. Einen Mitarbeiter schrie Jobs an: „Sie haben ja keine Ahnung, wie es ist, ich zu sein!“
- Binäre Weltsicht, Ungeduld und Jähzorn: für Steve Jobs gab es nur Schwarz oder Weiß. Ein Mensch war entweder ein Held oder ein Trottel. Er neigte dazu, Menschen zunächst zu überhöhen und dann, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen lief, pauschal schlecht zu machen. Wenn andere ihn nicht sofort verstanden, wurde er unwirsch, neue Ideen wollte er sofort umgesetzt sehen. Als das Macintosh-Projekt aufgrund seiner ständigen Änderungs- und Perfektionswünsche zu scheitern drohte, sagte er zu seinem Chefentwickler: „Alles, was beim Mac schiefgeht, ist deine Schuld“. Dieser antwortete: „Vieles, was überhaupt noch funktioniert, ist meine Schuld“. Gefürchtet waren die Wutausbrüche in Meetings, wenn Jobs einzelne Mitarbeiter vor versammelter Mannschaft demütigte.
- Egozentrik und Arroganz: Steve Jobs sah sich als Mittelpunkt der Welt. Er fühlte sich auserwählt, einsam und häufig unfehlbar. Seinen Erzrivalen Bill Gates hielt er für einen phantasielosen Geschäftsmann, der stümperhafte Qualität produzierte und schamlos die Ideen anderer klaute. Regeln galten für die anderen, nicht für ihn. Jahrelang parkte er in der Apple-Zentrale auf dem Behindertenparkplatz neben dem Haupteingang. Oft brüstete er sich mit Ideen, die er von anderen übernommen hatte. Er hatte eine mächtige Angst davor, ersetzbar zu sein und witterte häufig Verschwörungen gegen ihn und seine Sache. In solchen Fällen scheute Steve Jobs vor Intrigen nicht zurück
- Perfektionismus und Kontrollzwang: Wenn es darum ging, seine Produkte perfekt zu machen, ignorierte Steve Jobs jede betriebswirtschaftliche Logik. Engen Mitarbeitern in der Produktentwicklung ließ er dann kaum Freiraum für eigene Kreativität. Aufgrund seiner Detailverliebtheit explodierten die Produktionskosten für den ersten Macintosh Computer. Er wurde so teuer, dass Apple auf dem Massenmarkt nicht konkurrenzfähig war. Dies führte zum Niedergang in den 80er Jahren.
- Sturheit und verzerrte Wahrnehmung: Die verzerrte Wahrnehmung, die ihm beflügelte, Großartiges zu leisten, hatte ihre Schattenseiten. Jobs akzeptierte nicht, wenn die Dinge gegen seinen Willen liefen. Als die Ärzte seinen Tumor in der Bauchspeicheldrüse diagnostizierten und ihm dringend zu einem sofortigen chirurgischen Eingriff rieten, ignorierte er ihren Rat und entwickelte selbst eine „Therapie“ mit alternativen Heilmethoden. Erst nach neun Monaten sah er ein, dass sein Ansatz keinen Sinn hatte. In der Zwischenzeit hatte der Tumor sich ausgebreitet.
Kurz vor seinem Tod resümierte er: „Ich hatte eine sehr glückliche Karriere… Ich habe alles getan, was ich tun kann… Vielleicht ist der Tod ja wie ein Ein- und Ausschaltkonpf. Klick – und du bist weg. Vielleicht habe ich es deshalb nie gemocht, Ein- und Ausschaltknöpfe in ein Apple-Gerät einzubauen.“